Am Dienstag, 10. Mai 2022, bestätigte der Nationalrat den Vorschlag des Ständerates, der im Rahmen der ZPO-Revision die vorsorglichen Massnahmen gegen die Medien verschärft. Er wandte sich somit gegen eine breite Allianz von Medienorganisationen, die sich gegen diese Gesetzesänderung aussprachen. Auch der Bundesrat war dagegen. Diese Gesetzesänderung hat ernstzunehmende negative Auswirkungen auf die Medienfreiheit. impressum verurteilt diesen schwerwiegenden Angriff auf die Pressefreiheit aufs Schärfste.
Gegenwärtig ist die Schweizer Gesetzgebung in Bezug auf die vorsorglichen Massnahmen gegen die Medien für Letztere ziemlich streng. So kann jede Person vor Gericht gegen die Veröffentlichung eines journalistischen Artikels vorgehen, wenn sie direkt betroffen ist und wenn durch den Artikel "eine Verletzung unmittelbar bevorsteht und geeignet ist, einen besonders schweren Schaden zu verursachen". Durch die Streichung des Wortes besonders hat das Parlament die Schwelle für vorsorgliche Massnahmen gegen die Medien herabgesetzt und somit eine ständige Bedrohung für Journalistinnen und Journalisten geschaffen. Die Gesetzesänderung wird unweigerlich negative Auswirkungen auf die Pressefreiheit und die kritische journalistische Arbeit haben. Vor Kurzem hat sich bereits gezeigt, dass die Schweiz im weltweiten Vergleich zur Pressefreiheit nicht mehr so gut dasteht (Link).
Auch der Bundesrat hatte sich gegen die Änderung ausgesprochen. Die Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements, Karin Keller-Sutter, erklärte, dass es nach Ansicht des Bundesrates "keinen Grund gibt, diesen Artikel zu ändern". Der Unterschied zwischen besonders schwerwiegend und schwerwiegend sei für die Praxis der Schweizer Gerichte irrelevant: "Dem Bundesrat ist kein Änderungsbedarf bekannt, und der Zeitpunkt für Massnahmen gegen die Medien ist ungünstig", so der Bundesrat.
impressum wird alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die Bundesgesetzgebung zugunsten der Medien und der Pressefreiheit zu beeinflussen. Wenn die Arbeit von Medienschaffenden behindert wird, steht die Demokratie auf dem Spiel. Allenfalls wird der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg notwendig sein. impressum ist der Meinung, dass die neue Bestimmung nicht in Übereinstimmung mit der Meinungs- und Informationsfreiheit in Art. 10 EMRK steht. Gegebenenfalls muss sich der EGMR mit der Frage befassen, ob die Anwendung des neuen ZPO-Artikels ein Verstoss gegen Art. 10 EMRK darstellt.