Stellenabbau beim «Beobachter Natur»: Alles andere als fair

Weitgehend unbemerkt verblieb am 7. Mai die Meldung, dass der Medienverlag Axel Springer in der Schweiz das Magazin «Beobachter Natur» als eigenständige Abonnementszeitschrift per sofort einstellt. Dabei hat der Verlag bisher 9 Personen entlassen – ohne fairen Sozialplan.

Der Stellenabbau betrifft Angestellte in der Redaktion und in der Produktion. Der Arbeitgeber hat sie alle vor eine unmögliche Wahl gestellt: Entweder eine «einvernehmliche Vertragsauflösung» per Ende Mai unterschreiben und als «freiwillige» Zahlung den Betrag von 4 Monatslöhnen erhalten, ohne weiter arbeiten zu müssen. Oder: man bekommt nichts als das, was gesetzlich sowieso vorgeschrieben ist (d.h. den Lohn während der Kündigungsfrist).

Der Berufsverband impressum und die Mediengewerkschaft syndicom haben das Medienunternehmen auf die Mängel und negativen Auswirkungen des Angebots hingewiesen und im Namen der Betroffenen verlangt, dass auf die Bedürfnisse aller Angestellten eingegangen wird. Dazu sollte wie bei jedem gröberen Stellenabbau ein Sozialplan ausgehandelt werden, der sich an gewisse Branchenstandards hält. Die Verantwortlichen haben aber alles abgewiesen und waren nicht einmal für ein Gespräch bereit. Sie haben die Angestellten massiv unter Druck gesetzt, das heimtückisches Angebot zu unterschreiben, ansonsten sie keinerlei zusätzliche Leistung bekommen. In dieser Situation haben die meisten Betroffenen mit der Faust im Sack unterschrieben.

Was sich die Verantwortlichen von Axel Springer hier geleistet haben, ist unhaltbar!

Frei nach dem Motto «Aus den Augen, aus dem Sinn», wurden die Angestellten innerhalb von wenigen Tagen ausrangiert. Wer bereit ist, die Entlassung durch die eigene Unterschrift als einvernehmliche Vertragsaufhebung schönzufärben, bekommt als Zückerchen die Freistellung und einen Monatslohn. (Von der als «freiwillig», also quasi als Geschenk des Verlags bezeichneten Zahlung im Umfang von 4 Monatslöhnen sind 3 Monatslöhne natürlich alles andere als freiwillig, sondern schlicht vorgeschrieben.)

Dass ausgerechnet ein Verlag wie Axel Springer, der sich mit dem «Beobachter» sozialen Grundsätzen in der Wirtschaft verschrieben hat, derart mit Angestellten und Sozialpartnern umspringt, ist unerhört. Bei einem Stellenabbau, der mehr als 5 Angestellte betrifft, muss ein fairer Sozialplan her. Das schreiben moderne Gesamtarbeitsverträge (GAV) vor, so auch der aktuelle GAV der Printbranche in der Westschweiz und der frühere Presse-GAV der Deutschschweiz und des Tessins. Dort ist vorgesehen, dass für die Finanzierung eines Sozialplans je nach Dienstalter und Lebensalter der Betroffenen mindestens 2 bis 4 Monatslöhne zur Verfügung gestellt werden.

Erst die nähere Zukunft wird zeigen, ob die ganzen Vorgänge auch noch juristisch falsch abgewickelt wurden. Es stellt sich nämlich die Frage, ob es sich beim Stellenabbau nicht gar um eine Massentlassung handelt: Ab 10 Betroffenen muss ein Betrieb mit 20 bis 100 Angestellten zwingend das Mitwirkungsverfahren durchführen, um Kündigungen zu vermeiden und die Folgen abzufedern. Wenn das nicht gemacht wurde, sind die Kündigungen missbräuchlich und es würden Entschädigungen von bis zu zwei Monatslöhnen geschuldet. Es bleibt also genau zu beobachten, ob der Stellenabbau noch weitere Arbeitnehmende (Festangestellte oder ständige Freie) erfassen wird.

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