impressum unterstützt das Leistungsschutzrecht: Ist das die «Google-Steuer»?

Der Bundesrat will einen «Schutz für journalistische Veröffentlichungen» und eine «geeignete Regulierung auch für die Schweiz». Google hat eine Lobbyingfirma angestellt, die «Digitale Gesellschaft» schürt Verbotsängste, Economiesuisse legt sich für Techgiganten ins Zeug, und die Verleger organisieren Informationsanlässe. Eine «Steuer» ist das zwar nicht - aber um was geht es überhaupt?

uth Die Journalist:innen spüren seit vielen Jahren die Auswirkungen der digitalen Transformation am eigenen Leibe. Redaktionsbudgets werden zusammengestrichen, die Anteile für Beiträge von Freien schmelzen wie die Gletscher. Die Zeitungen und ihre Webseiten müssen aber nach wie vor alle relevanten Informationen enthalten. Der Produktionsdruck steigt ungemein, und bei vielen sinkt das Einkommen, bei Freien liegt der Lebensunterhalt durch Journalismus oft nicht mehr drin. Und wer in rein digitale Medien wechselt, weiss, dass dort auch nicht mit viel Geld gearbeitet wird.

Die Milliarden der Techgiganten bauen (auch) auf Journalismus auf

Was ist passiert? Mit Journalismus wird nicht weniger Geld verdient als vor dem Internet. Aber unterdessen wird das Geld an einem anderen Ort eingenommen. Der Grossteil fliesst zu den «Techgiganten», die im Werbemarkt operieren, allen voran zu Google, aber auch soziale Medien wie Facebook gehören dazu. Schätzungen dessen, was Google im Schweizer Werbemarkt umsetzt, gehen bis zu 2,5 Milliarden Franken pro Jahr. Gleichzeitig nimmt die Branche der Informationsmedien etwa 2 Milliarden Franken weniger Geld ein im Werbemarkt. Das heisst, etwa zwei Drittel weniger als früher. Die Medienunternehmen sparen darum entsprechend auch beim Journalismus.

«Geistige Schöpfungen» sind Geld wert, aber nur dank dem Gesetz. Dieses braucht ein Update

Das Urheberrecht ist geschaffen worden, damit mit «geistigen Schöpfungen» Geld verdient werden kann. Baupläne sind durch Patente geschützt, journalistische Werke durch Urheberrechte. Und zwar in jeder Form, ob Texte, Videos, Audiobeiträge, Fotos oder Karikaturen. Gratis Abkupfern ist verboten, verkaufen ist erlaubt, und darum kann die Autorin ihren Text einem Verleger verkaufen, und dieser kann ihn mit dem Kaufpreis der Zeitung weiterverkaufen. So sorgt das Urheberrecht dafür, dass man z. B. mit Texten handeln kann, und dass man als Autor ein angemessenes Einkommen erzielen kann.

Doch die Mütter und Väter des Urheberrechts konnten nicht mit «Google & Co.» rechnen. Heute wird mit journalistischen Werken dort am meisten Geld verdient, wo nichts in den Journalismus zurückfliesst. Jede:r kann das nachvollziehen, man muss nur auf Google einige Suchanfragen starten und wird sehen, dass viele Ergebnisse in den ersten Rängen aus Medieninhalten stammen. Google profitiert von der Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Aktualität des Journalismus für sein eigenes Geschäftsmodell, braucht aber kein Geld in den Journalismus zu investieren.

Die Frage ist: Wollen wir Journalismus in Zukunft? Dann muss die Nutzung etwas kosten

Geld zu verdienen ist nicht an sich verwerflich. Solange nichts in den Journalismus zurückfliesst, ist es aber auch nicht nachhaltig und wird den Berufsjournalismus über kurz oder lang vernichten. Das Urheberrecht erfüllt in seiner heutigen Form einen wichtigen Teil seines Zwecks nicht mehr. Darum fordert impressum seit vielen Jahren, dass «Google & Co.» für die gewinnbringende Nutzung journalistischer Werke etwas an die Journalistinnen und Journalisten bezahlen. 2019 gelang der Durchbruch: Nicht zuletzt dank der stetigen Intervention von impressum aber auch angestachelt durch die Rechtsentwicklung in der EU richtete die Ständeratskommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) 2019 ein Postulat an den Bundesrat, das auch die Prüfung eines Vergütungsanspruchs für Journalist:innen forderte. (impressum informierte)

Heute ist es so weit. Unter dem Namen «Leistungsschutzrecht» hat der Bundesrat die Debatte losgetreten. Ganze Lobbyingapparte sind aufgefahren worden, Informationen und Veranstaltungen ziehen immer mehr Aufmerksamkeit auf sich.

Keine Verbote! Aber eine moderate Entschädigung, die kollektiv verteilt wird

Das Institut für geistiges Eigentum IGE bereitet einen Gesetzesentwurf vor, der in den nächsten Monaten schon einmal verwaltungsintern diskutiert werden soll. Einiges daraus ist durchgesickert, wenn auch noch ohne jegliche Garantie, dass es nicht noch anders kommt. Es ist die Rede von einem Vergütungsanspruch. Im Gegensatz zur oben beschriebenen «klassischen» Funktionsweise des Urheberrechts soll nichts verboten werden, dass dann gegen Entgelt genehmigt werden kann. Sondern die Nutzung kurzer Ausschnitte aus journalistischen Inhalten soll erlaubt bleiben, um Links zu generieren. Aber ab einer gewissen Grösse, eben wie «Google & Co.» soll ein Unternehmen dafür eine moderate Abgabe bezahlen müssen. Dieses Geld wird dann durch eine Kollektivverwertungsgesellschaft zwischen Journalist:innen und Medienunternehmen verteilt. Dort sind alle Akteure vertreten und handeln den Verteilschlüssel aus, also «Google & Co.», die Journalist:innen und die Medienunternehmen. In vielerlei Hinsicht also ähnlich, wie es heute bereits für die Kopierabgaben über Pro Litteris geschieht.

Besonderheiten des Schweizer Modells

Deutschland und Frankreich haben bereits andere Modelle eingeführt. Dort wird, angelehnt an das klassische Urheberrecht, die Nutzung grundsätzlich verboten, und «Google & Co.» müssen mit den Verlagen und Journalist:innen verhandeln. Der grosse Nachteil dabei ist, dass «Google & Co.» durch ihre schiere Grösse über eine Verhandlungsmacht verfügen, der auch die grossen Verleger nicht Paroli bieten können. Darum musste in Frankreich die Wettbewerbsbehörde einschreiten. Durch das Vergütungsmodell, wie es dem Vernehmen nach in der Schweiz diskutiert werden wird, würde sich dieses Problem nicht oder sicher nicht mit der gleichen Vehemenz stellen.

Das Leistungsschutzrecht, an dessen Erlös die Journalist:innen in angemessenem Umfang und mit einem eigenen Anspruch beteiligt werden, ist ein geeigneter Weg, um sicherzustellen, dass wenigstens ein kleiner Teil des Geldes, das durch «Google & Co.» mit ihren Werken verdient wird, auch dem Autor, der Fotografin, der VJ etc. zugutekommen. Darum hat der impressum – Zentralvorstand beschlossen, ein solches Leistungsschutzrecht zu unterstützen.