Ständerat für «Maulkorb»-Artikel gegen Medien

Bis zum Schluss hat sich impressum zusammen mit einer breiten Allianz gegen eine «Maulkorb»-Bestimmung in der revidierten Zivilprozessordung (ZPO) gewehrt. Vergeblich: in der Sommersession 2021 hat der Ständerat einer Neuformulierung zugestimmt, welche die Medienfreiheit erheblich einschränken könnte, sofern ihr auch noch der Nationalrat zustimmt.

Die Zivilprozessordung (ZPO) und deren Revision ist an und für sich eine eher trockene Materie. So wäre es denn auch fast unbemerkt geblieben, dass die vorberatende Rechtskommission des Ständerates (RK-S) eine kleine, aber folgenreiche Änderung am Gesetzestext vorgenommen hat. Die Kommission beschloss nämlich, die Hürde für gerichtliche Massnahmen gegen Medien erheblich herabzusetzen.  Erreicht wird dies, indem die Person, die die Erscheinung eines Artikels vorsorglich verbieten lassen will, nicht mehr einen «besonders schweren Nachteil», sondern nur noch einen «schweren Nachteil» geltend machen muss. Die Streichung des Wörtchens «besonders» hat juristisch betrachtet grosse Auswirkungen. Denn die Voraussetzung eines «besonders schweren Nachteils» verhindert, dass eine Privatperson gegen einen unliebsamen Medienbericht mehr oder weniger beliebig gerichtlich vorgehen kann.  Leider ist der Ständerat in seiner Sitzung vom 16. Juni 2021 mit 30 zu 12 Stimmen der Streichung des Wörtchens «besonders» zugestimmt, notabene gegen den Willen von Justizministerin Karin Keller-Sutter. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. impressum wird sich dafür einsetzen, dass der Nationalrat diese vom Ständerat beschlossene Änderung der ZPO wieder rückgängig macht. Ansonsten ist zu befürchten, dass die neue Formulierung in der ZPO als «Maulkorb» gegen unliebsame Medienberichte genutzt wird und sich zum Einfallstor für eine Zensur der Medien durch Private entwickelt. Wohin dies führen kann, zeigt exemplarisch die Geschichte der Lausanner Investigativ-Journalisten Marie Maurisse und François Pilet, deren Arbeit immer wieder mit superprovisorischen Verfügungen torpediert wird. Mehr dazu auf deren Website «gothamcity.ch» (Gotham City – La revue du crime économique) und dem Bericht im Tages-Anzeiger: Journalisten vor Gericht – Reiche wollen sie zum Schweigen bringen | Tages-Anzeiger (tagesanzeiger.ch).