
In der Deutschschweiz konnte mangels GAV keine Forderung nach einem besseren Sozialplan gestellt werden. «Die Entscheidung über die ersten Kündigungen fiel weniger als einen Monat nach den Abbauankündigungen, also bereits Anfang Juli», erklärt Michael Burkard, Co-Direktor von impressum. Er kritisiert zudem, dass eine so weitreichende Restrukturierung ausgerechnet kurz vor den Sommerferien angekündigt wurde – «was zweifellos dazu beigetragen hat, eine mögliche Mobilisierung der Redaktionen im Keim zu ersticken».
In der Romandie organisierte sich die Solidarität anders – gestützt auf eine über 60-jährige Tradition sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen impressum und den Verlegern. Trotzdem verliefen die Verhandlungen äusserst hart. Die Unternehmensleitung der TX Group zeigte sich gegenüber keiner der von impressum und syndicom vorgeschlagenen wesentlichen Verbesserungen bezüglich Restrukturierung oder Sozialplan verhandlungsbereit. Dies, obwohl die Mitarbeitenden der Westschweizer Titel in Rekordzeit über 4’000 Unterschriften von Leserinnen und Lesern gesammelt hatten – für den Erhalt einer Printausgabe, die Sicherung von Arbeitsplätzen und für mehr Investitionen in die journalistische Arbeit.
Die Pläne der Unternehmensleitung, Künstliche Intelligenz auf Kosten von Recherche und journalistischem Urteilsvermögen einzusetzen, haben auf beiden Seiten der Sprachgrenze starke Kritik ausgelöst. Nach Ansicht von impressum ist die gesamte Strategie der TX Group verheerend. Darüber hinaus missachtet sie das Engagement und den Einsatz, mit denen die Journalistinnen und Journalisten in den vergangenen Jahren zum Erfolg ihrer Titel beigetragen haben.
Ende Juli akzeptierten die Redaktionen in der Romandie den Sozialplan – von impressum als ungenügend eingestuft – mit nur einer Stimme Mehrheit und 13 Enthaltungen. Eine Entscheidung «mit dem Messer am Hals», wie ein betroffener Journalist sagt, da die Unternehmensleitung mit der Streichung der freiwilligen Ausstiegsoption drohte – einem der wenigen vom Verlag gewährten Vorteile. Ob in der Deutschschweiz oder in der Romandie, mit oder ohne GAV: TX Group diktierte praktisch die identischen Abgangsbedingungen – weit entfernt von dem, was man von einem führenden Unternehmen der Branche erwarten dürfte.
Für jüngere Mitarbeitende sowie für Mitarbeitende kurz vor der Pensionierung mögen gewisse Vorteile bestehen. Für die übrigen fallen die Bedingungen jedoch schlechter aus als jene, die 2023 mit demselben Konzern ausgehandelt wurden. „Die Mobilisierung in Genf und Lausanne hat immerhin bewirkt, dass die Kündigungen hinausgezögert wurden. Ausserdem konnten wir einen zusätzlichen Monatslohn aushandeln, und die Kolleginnen und Kollegen, die sich für diesen Beruf einsetzen, rückten noch enger zusammen“, erklärt Alberto Tikulin, Präsident von impressum Waadt. Die Abgangsentschädigungen für die entlassenen Journalistinnen und Journalisten erfolgen in Form eines Monatslohns, der während maximal zwölf Monaten oder bis zum Antritt einer neuen Stelle ausbezahlt wird.
«Jedes Jahr stellt die TX Group mehrere ihrer Titel ein und stürzt sich kopflos in eine Strategie, die ausschliesslich auf kurzfristigen Profit ausgerichtet ist», sagt Etienne Coquoz, Co-Direktor von impressum und Mitglied der Verhandlungsdelegation. «Doch ihr wichtigstes Kapital – die Journalistinnen und Journalisten – erschöpft sich. Unter solchen Bedingungen wird es zunehmend schwierig, den Dialog zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden am Leben zu erhalten, der seit Jahrzehnten das Fundament einer erfolgreichen Sozialpartnerschaft in der Schweiz bildet.» impressum setzt sich weiterhin dafür ein, dass die im Rahmen der Sozialpartnerschaft getroffenen Vereinbarungen zum Sozialplan genau eingehalten werden. Der Berufsverband dankt seinen Mitgliedern und allen betroffenen Medienschaffenden für ihren Einsatz und ihre Energie, mit denen sie sich für würdige Arbeitsbedingungen und starken Journalismus eingesetzt haben.
Die Verhandlungen in Kürze
Zwischen dem 17. Juni und dem 12. August – dem Tag, an dem die Redaktionen der Romandie den Sozialplan unterzeichneten – führte impressum über zwanzig Sitzungen, um die Interessen der Journalistinnen und Journalisten zu verteidigen. Das Zentralsekretariat verfasste mehrere Mitteilungen an die Redaktionen und an die Unternehmensleitung. Die Sektionen, vor allem Waadt und Genf, machten die Haltung ihrer Mitglieder deutlich, sammelten Unterschriften und organisierten Veranstaltungen wie den Journalisme Social Club, um möglichst viele Kolleginnen und Kollegen in die Verhandlungen einzubeziehen. Doch die Arbeit ist noch immer nicht abgeschlossen: impressum setzt sich weiterhin dafür ein, dass die TX Group beim Vorlegen der Aufhebungsverträge die vereinbarten Fristen und ausgehandelten Bedingungen einhält.